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12:08:00 – Zweitjob

Als T mich das erste Mal besuchte, damals bei Bauer G, war nicht nur C, ihre jüngere Schwester mit, sondern auch K, von beiden die jüngste Schwester. K hat mir später eine Menge Dinge beigebracht, mit denen ich T noch heute stolz mache.

K ist übrigens die erste, die mich Fressschwein genannt und dabei stürmisch umarmt hat. Dabei hat sie gelacht. Und sofort meine allergrößte Schwäche erkannt: Ich bin käuflich. Wedle mit einem Stück Wurst oder Käse oder Möhre, halte mir einen fast leeren Joghurtbecher vor die Nase oder locke mich meinetwegen mit diesen lächerlich kleinen Katzenkräckern – ich bin sofort fokussiert, aufmerksam und höre übereifrig aufs Wort. Rolle über den Boden, gebe Pfote, reagiere auf peng! mit stabiler Seitenlage oder lege den erjagten Beuteball bei in die Hand folgsam auf die geöffnete Handfläche. Auf in die Hand ist K übrigens besonders stolz. Sie sagt noch heute: Milla hat das innerhalb von zwei Minuten geschnallt. Was K nie gesagt hat: Sie hat mir für jede kleine Bewegung ein Würstchenstück geschenkt.

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Aber K, die schon ganz lange L liebt und mit ihm in einem großen Haus mit noch größerem Garten lebt, riecht eben auch nicht immer nur nach Spaß und lustigen Tricks. Es gab eine Phase – um das dämliche Wort Zeit zu umgehen – da roch K nach Verzweiflung. Nach Hilflosigkeit und Angst. Nach sehr großer Angst. Und da hat T, die K sehr liebt, gefragt: Soll ich dir Milla ausleihen? Und K war ganz dankbar und ungläubig und hat erleichtert ja gesagt. (Der Unterschied zu parken bei Blumen-A ist: ausleihen dauert länger. Beides bedeutet zwar immer die Trennung von T. Aber eben nur eine Zeit lang, also nicht für immer. Deswegen ist ausleihen genauso ok für mich wie parken.)

Um mir den Abschiedsschmerz von T zu erleichtern, zeigte mir K mein Körbchen, führte mich durchs Haus und den Garten und erklärte mir, was ich zu tun hatte: Aufpassen. Für Sicherheit sorgen. Bellen, sobald ich ein ungewohntes Geräusch höre. Die ersten Tage war ich wohl etwas übereifrig und bellte, wenn eine Maus über die Terrasse huschte oder eine Fliege versuchte, ins Haus einzudringen. Mir war nämlich klar, dass mein ausleihen an K und L eine verantwortungsvolle Aufgabe beinhaltete. Ich war fest entschlossen einen guten Job zu machen.

Erst ein paar Abende später begriff ich allerdings die ganze Tragweite meiner wichtigen Mission. Weil K nämlich mit der Polizei telefonierte. K hat denen erklärt, sie werde gestalked. Ich lag auf meinem Platz, einer dicken Matratze, darauf meine bunte Lieblingsdecke, und hörte sehr aufmerksam zu. Denn ich wusste nicht, was gestalked werden bedeutet. Die Polizei offensichtlich auch nicht. Also hat K es ihnen erklärt: Jemand schleiche auf ihrem Grundstück herum. Sie bekäme Anrufe. K hatte Angst.

 Vermutlich hätte ich ihr tröstend meine Schnauze auf das Knie legen müssen. Aber ich wollte mich nicht aufdrängen, also blieb ich, wo ich war. Außerdem war ja L gerade nach Hause gekommen. Und ihm erzählte K mit roten Augen, was die Polizei gesagt hatte: Es tut uns leid, aber da können wir nichts für Sie tun. Sind Sie überhaupt sicher, dass Sie sich nicht irren? Vielleicht bilden Sie sich das alles ja auch ein. Oder haben Sie jemanden in Verdacht? K war jetzt abwechselnd sehr wütend und sehr verzweifelt. Die glauben mir nicht!, sagte sie. Und bevor L etwas sagen konnte, sagte K, sie könne hier nicht länger leben. Sie wolle das Haus verkaufen und wegziehen. L hörte zu und versuchte zu beruhigen und zu trösten. Und ich nahm mir vor, alles zu tun, damit K und L das schöne Haus mit dem großartigen Garten nicht verkaufen mussten. Ich lauschte ab sofort doppelt aufmerksam, ob ein Fremder auftauchte, um K zu bedrohen oder wenigstens zu verängstigen. Tat der Blödmann aber nicht.

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